Heidelberg Materials bestätigt Lieferungen für umstrittene Projekte in der besetzten Westsahara
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Die riesigen Häfen, die Marokko in der besetzten Westsahara baut, werden mit Zement des deutschen multinationalen Konzerns errichtet.

30. Mai 2025

Photo: Eins von Heidelberg Materials Mahlwerken ein El Aaiun, besetzte Westsahara. 

Auf ihrer Hauptversammlung am 15. Mai 2025 bestätigte die Heidelberg Materials AG, dass sie Zement und Beton für den Bau groß angelegter Infrastrukturprojekte in der besetzten Westsahara liefert: die neuen Häfen von El Aaiún und Dakhla.

Der deutsche Konzern, früher bekannt als HeidelbergCement, ist Eigentümer von Ciments du Maroc, das zwei Zementmahlwerke und eine Fertigbeton-Fabrik in der besetzten Westsahara betreibt. In seinen Antworten auf Fragen von Western Sahara Resource Watch (WSRW) während der Hauptversammlung gab Heidelberg Materials Folgendes bekannt:

  • In den Jahren 2023 und 2024 wurden in der Westsahara jährlich 500.000 Tonnen Zement produziert.
  • Das Unternehmen bezieht jährlich 150.000 Tonnen Kalkstein und Puzzolan aus der Westsahara, die es von nicht genannten Drittlieferanten kauft. Während das Unternehmen die Namen dieser Lieferanten aus „Wettbewerbsgründen“ nicht nennen wollte, räumte es ein, dass die Materialmengen denen der Vorjahre entsprechen.
  • Das Unternehmen lieferte Beton – allerdings keinen Zement – für den Bau des neuen und höchst umstrittenen Hafens von El Aaiún.
  • In den Jahren 2023 und 2024 verkaufte es etwa 50.000 Tonnen Zement an Kund:innen, die am Bau des Megahafens Dakhla Atlantique beteiligt waren.
  • Mitarbeitende des Mutterunternehmens Heidelberg Materials werden regelmäßig für Wartungsarbeiten in die Westsahara entsandt
     

Die Aussagen des Unternehmens sind das bislang deutlichste Eingeständnis seiner Beteiligung an der Festigung der illegalen Besatzung Marokkos durch massive industrielle Entwicklungen in dem Gebiet.

Beide Hafenprojekte sind Teil der strategischen Agenda Marokkos, seine Kontrolle über das Gebiet zu zementieren. Insbesondere der Hafen Dakhla Atlantique wurde als geopolitisches Projekt konzipiert, das darauf abzielt, die besetzte Westsahara zu einem Logistikzentrum zu machen, das Marokko mit den westafrikanischen Märkten verbindet.

Die lokale Tochtergesellschaft von Heidelberg, Ciments du Maroc, hatte zuvor auf ihrer Website erklärt, dass sie Zement für den neuen Hafen in El Aaiún liefert [Download hier]. Der Zweck des neuen Hafens – und einer dazugehörigen Düngemittelfabrik – besteht darin, dass das marokkanische Staatsunternehmen für Phosphat aus dem illegal besetzten Gebiet Phosphatgestein und daraus dann erzeugte Düngemittelprodukte exportieren kann. Dieser Handel verstößt gegen das Völkerrecht.

Durch die Lieferung von Baumaterialien ermöglicht Heidelberg Materials den Aufbau der Infrastruktur, die die Besatzung und Ausbeutung der Ressourcen des Gebiets durch Marokko stützt. Diese Aktivitäten unterstützen eine auf Siedler:innen basierende Wirtschaft und tragen zur Finanzierung der strategischen Ambitionen Marokkos in diesem Gebiet bei.

Auf die Frage, ob das Unternehmen die Zustimmung des sahrauischen Volkes eingeholt habe, antwortete Heidelberg Materials rundweg, dass eine solche Zustimmung nicht erforderlich sei, da sie in der Westsahara „keine Rohstoffe abbauen“. Als privates Unternehmen sei es „nicht verpflichtet“, eine solche Zustimmung einzuholen.

„Diese Begründung ist sowohl sachlich als auch rechtlich fragwürdig. Um in dem besetzten Teil der Westsahara tätig sein zu können, muss Heidelberg Materials Genehmigungen vom marokkanischen Staat erhalten haben, der das Gebiet illegal besetzt hält. Darüber hinaus profitiert das Unternehmen von den Infrastrukturprojekten dieses Besatzungsstaates in der Westsahara, ohne die Zustimmung des Volkes des Gebiets“, sagt Nina Matzik von Western Sahara Resource Watch.

Auf Fragen, inwiefern seine Aktivitäten mit seiner Erklärung zur Menschenrechtspolitik vereinbar sind, in der das Unternehmen sich zur Einhaltung der UN-Bürgerrechts- und Sozialpakte verpflichtet, die beide in ihren ersten Artikeln das Recht auf Selbstbestimmung verankern, erklärte Heidelberg Materials: „Die Umsetzung des Selbstbestimmungsrechts fällt unter die Zuständigkeit von Staaten. Als privates Unternehmen kommen wir unserer Verpflichtung nach, das Selbstbestimmungsrecht der Völker zu respektieren“

„Die anhaltende Präsenz von Heidelberg Materials in der Westsahara ist nicht nur eine geschäftliche Entscheidung, sondern auch eine Politische, mit realen Konsequenzen für das Selbstbestimmungsrecht des sahrauischen Volkes“, so Matzik. „Man kann nicht Neutralität beanspruchen, während man Besatzungs-Beton gießt.“

WSRW hat eine Abschrift der Fragen und Antworten der Hauptversammlung 2025 der Heidelberg Materials AG angefertigt.

 

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